Betriebsprüfungen (Außenprüfungen nach § 147 BAO) werden während der Corona-Krise weiterhin durchgeführt.
Daher zahlt es sich für Unternehmen und Betriebe aus, über die aktuellsten rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die veränderten Prüfungsabläufe informiert zu sein. Nur so sind sie auf diese umfassende Prüfung vorbereitet.
1. „Außenprüfung“
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2003 (BGBl I 2003/124) wurden die Bestimmungen über die Prüfung von Unternehmen novelliert. Es kam dabei zu einer Umbenennung der „Betriebsprüfung“ in „Außenprüfung“.
Eine Außenprüfung ist die umfassende Prüfung des betrieblichen Rechnungswesens und der Nebenaufzeichnungen zum Zwecke der Beurteilung der Richtigkeit der Bemessungsgrundlagen.
Auf Grund der großen Anzahl von Prüfungshandlungen und der bei jeder Prüfung anders gesetzten Prüfungsschwerpunkte können nur die Hauptthemen einer Außenprüfung aufgelistet werden:
- Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung (z.B. zeitlich richtige Reihung von Buchungen)
- Prüfung der materiellen Richtigkeit der Buchführung (z.B. Kontrolle der vollständigen Verbuchung von Betriebseinnahmen)
- Prüfung der Bilanzen (z.B. Bewertungsfragen)
- Prüfung der GuV (z.B. Abgrenzung der Betriebsausgaben von den privaten Aufwendungen)
- Erfüllung der Registrierkassen- und Belegpflicht.
2. Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLAB)
Bisher erfolgte die gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) entweder durch ein Prüforgan eines Finanzamts oder eines Krankenversicherungsträgers. Seit 1.1.2020 ist diese gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben in einer einheitlichen Prüforganisation im Wirkungsbereich des BMF zusammengeführt („Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge“, PLB). Die Sozialversicherungsprüfung wird damit an die Abgabenbehörden des Bundes übertragen.
Die Änderung der Bezeichnung der Prüfung von GPLA auf PLAB stellt nur eine terminologische Anpassung dar – eine Änderung des Prüfungsumfangs im Vergleich zur vorherigen GPLA ist damit nicht verbunden.
3. Einspruch des VfGH
Während die Umstrukturierung der Gebietskrankenkassen vom VfGH bestätigt wurde, erteilte der VfGH am 13.12.2019 der Zusammenführung der Prüfdienste mit der Begründung der Verfassungswidrigkeit eine Absage.
Der VfGH ermöglichte eine Reparatur bis 30.6.2020. Somit traten die Änderungen vorläufig mit 1.1.2020 in Kraft: Der PLB musste zumindest formell umgesetzt werden und bis 30.6.2020 musste eine neue verfassungskonforme Regelung für die PLAB gefunden werden.
Die durch das Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung (ZPFSG) und das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG 2018) beschlossene Zuweisung der Prüfdienste der ÖGK in die PLAB wurde mit Beginn 2020 umgesetzt und blieb bis 30.06.2020 bestehen.
Dabei handelte es sich aber nur um eine formale Zuweisung, d.h. es fand weder organisatorisch noch personell eine tatsächliche Zusammenführung statt; nur der Auftritt nach Außen fand einheitlich als PLAB der Finanzbehörde statt.
Offiziell prüfte der PLB in der ersten Hälfte 2020 alle lohnabhängigen Abgaben (LSt, KommSt und SV-Beiträge) gemeinsam, in der Praxis blieben aber die bisherigen fachlichen Zuständigkeiten bestehen.
Mit 01.07.2020 traten die Prüfer der Sozialversicherung wieder offiziell als Prüfer der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) auf. Seit 01.07.2020 prüft der PLB auch offiziell nur mehr LSt und KommSt und der Prüfdienst der ÖGK die SV-Beiträge.
4. Betriebsprüfungen in Corona-Zeiten
Betriebsprüfungen (Außenprüfungen) finden auch während der Corona-Krise statt. Allerdings sollen die Prüfungen nicht in den Geschäftsräumen der Unternehmen oder im Büro des Steuerberaters, sondern in den Amtsräumen des Finanzamts durchgeführt werden.
Die Anordnung einer Betriebsprüfung (Außenprüfungen) liegt ja im Ermessen der Behörde. Die prüfenden Stellen sollen im Vorfeld einer Anordnung „die aktuelle Situation, die Belange der zu prüfenden Unternehmen sowie gesundheitliche Aspekte angemessen berücksichtigen“. Dies gilt besonders im Hinblick auf Prüfungswürdigkeit und Prüfungszeitpunkt.
Unternehmer bzw. ihre steuerlichen Berater können grundsätzlich Anträge auf Verschiebung bereits angeordneter Prüfungen oder auf Unterbrechung einer bereits laufenden Außenprüfung stellen. Die Anträge sollen Hinweise auf „die konkreten Auswirkungen der Corona-Krise“ bzw. „Hinweis auf konkrete Hinderungsgründe aufgrund der Corona-Krise“ enthalten. Die Prüfstellen treffen danach eine Entscheidung im jeweiligen Einzelfall. Die Verschiebung oder die Unterbrechung einer Außenprüfung führt zur Hemmung des Verjährungseintritts bei den zu prüfenden Steuern.
Die Finanzverwaltung hat Schlussbesprechungen vor Ort bis auf weiteres ausgesetzt. Alternativ können telefonische Besprechungen oder Besprechungen per Videokonferenz durchgeführt werden, oder es werden die Prüfungsfeststellungen schriftlich zur Stellungnahme übersandt.
Autor: Mag. Dr. Helmut Siller, MSc
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