Nicht selten nehmen öffentliche Auftraggeber ein Fehlverhalten eines Bieters in der Vergangenheit zum Anlass für einen vorzeitigen Ausschluss aus einem Vergabeverfahren. Was als berufliche Verfehlung zu werten ist, sollte eigentlich gesetzlich genau definiert sein, um Unsicherheiten zu vermeiden. Ein intensives Claim-Management kann dem öffentlichen Auftraggeber aber durchaus soweit zusetzen, dass das betreffende Unternehmen künftig lieber von Vergabeverfahren ausgeschlossen wird.

 

Wann könnte ein Ausschluss aus dem Vergabeverfahren drohen?

Der öffentliche Auftraggeber hat im Vergabeverfahren zu beurteilen, ob ein Unternehmen für die zukünftige Leistungserbringung geeignet ist. Hierzu gehört nicht allein das Abfragen der Befugnis (Gewerbeberechtigung) oder der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Auftraggeber kann auch sein Wissen aus früheren Vergabeverfahren oder Auftragsabwicklungen heranziehen, um die Zuverlässigkeit eines anbietenden Unternehmens festzustellen. Hat der öffentliche Auftraggeber mit einem Unternehmen in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, wird zumeist sehr genau geprüft.

 

Berufliche Zuverlässigkeit

Gerade diese schlechten Erfahrungen stehen im Zusammenhang mit der vergaberechtlich geforderten beruflichen Zuverlässigkeit. Die Gründe für die berufliche Unzuverlässigkeit sind im BVergG jedoch nicht abschließend aufgezählt. Damit steht dem öffentlichen Auftraggeber – zum Nachteil eines anbietenden Unternehmens – eine nahezu unüberschaubare Möglichkeit an Ausschlussgründen wegen angeblich fehlender beruflicher Zuverlässigkeit zur Verfügung. Jeder Grund, der „schwerwiegend“ und „nachweislich festgestellt“ ist, kann vom Auftraggeber herangezogen werden. Es ist nicht einmal erforderlich, dass das anbietende Unternehmen nachteilig gegen den konkreten Auftraggeber gehandelt hat. Es reicht bereits aus, wenn die berufliche Verfehlung gegen irgendeinen anderen Auftraggeber gesetzt wurde. Damit ist deutlich erkennbar, dass die berufliche Zuverlässigkeit ausreichend Potenzial für Rechtsunsicherheit mit sich bringt. Schwerwiegend ist eine Verfehlung jedenfalls dann, wenn diese bewusst (mit Vorsatz) gesetzt wurde. Das Erfordernis „nachweislich festgestellt“ bleibt jedoch intransparent, da nach den Intentionen des Gesetzgebers eine rechtskräftige Verurteilung (damit eine nachweislich festgestellte Tat) für die berufliche Unzuverlässigkeit keine Voraussetzung darstellt.

 

Intensives Nachtragsmanagement

Im Fokus dieser Problematik können daher überzogene Nachtragsforderungen oder zumindest ein intensives Claim-Management stehen. Es ist nicht auszuschließen, dass im Zuge eines komplexen Bauvorhabens und einer diffizilen Abrechnung in Kombination mit einem guten Claim-Management vereinzelt „zu viel“ verrechnet wird. Ein Auftraggeber, welcher daher schlechte Erfahrungen mit der Abrechnungsmethodik und dem Nachtragsmanagement eines Unternehmens gemacht hat, wird daher geneigt sein, dieses Unternehmen künftig nicht mehr zu beauftragen (bzw. von weiteren Vergabeverfahren auszuschließen). Denn die Rechtsprechung hat z.B. die Verrechnung nicht erbrachter Leistungen als schwere berufliche Verfehlung anerkannt.

Allerdings hat auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ein Verständnis für übliche Meinungsverschiedenheiten im Zuge der Bauabrechnung. Nach der Ansicht des VwGH ist nicht jede Unstimmigkeit bei der Abrechnung als berufliche Unzuverlässigkeit zu werten (VwGH 29.02.2008, 2006/04/0227).

Ein intensives Nachtragsmanagement kann im Spannungsfeld mit öffentlichen Auftraggebern durchaus gefährlich sein. Ein gut abgerechneter Auftrag kann dazu führen, dass künftige Aufträge letztlich ausbleiben.

 

Autorin: Mag. Brigitte Berchtold, Rechtsanwältin und Partnerin bei Huber | Berchtold Rechtsanwälte OG