Die Novelle im Arbeitszeitgesetz: Seit 1.9.2018 darf bei gleitender Arbeitszeit die tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können somit flexibler auf tägliche Anforderungen von erhöhtem Produktionsbedarf bis hin zu ruhigeren Zeiten im Sommer reagieren.
Insbesondere bei gleitender Arbeitszeit gab es weitere Änderungen. Daraus haben sich für Arbeitgeber weitere Fragen ergeben. Z.B.: Muss ich bei einer bestehenden Gleitzeitregelung etwas ändern und wenn ja, was und welche Form muss ich dabei einhalten?
Mindestinhalt einer Gleitzeitvereinbarung
Gleitende Arbeitszeit liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann. Die tägliche Normalarbeitszeit stellt auf einen Zeitraum von 24 Stunden ab, gerechnet vom Arbeitsbeginn und beträgt acht Stunden. Die wöchentliche Normalarbeitszeit stellt auf die Kalenderwoche ab und darf grundsätzlich 40 Stunden nicht überschreiten.
Zu beachten ist dabei besonders die Form, in der die Gleitzeitvereinbarung abgeschlossen werden muss. Die gleitende Arbeitszeit muss durch Betriebsvereinbarung, in Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, durch schriftliche Vereinbarung geregelt werden.
Die Gleitzeitvereinbarung hat nach dem AZG folgenden Mindestinhalt aufzuweisen:
- Dauer der Gleitzeitperiode (Durchrechnungszeitraum)
- Gleitzeitrahmen (Zeitspanne zwischen dem frühestmöglichen Arbeitsbeginn und dem spätestmöglichen Arbeitsende am jeweiligen Tag)
- Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode
- Dauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit (Arbeitszeiten ohne Gleitzeitvereinbarung; damit soll sichergestellt werden, dass das Risiko von Dienstverhinderungen nicht auf den Arbeitnehmer überwälzt werden kann).
Das AZG beschränkt somit die bloßen Regelungsbereiche und belässt damit den Vertragsparteien eine relativ große Freiheit in der inhaltlich-konkreten Ausgestaltung. Beispielsweise ist gesetzlich die Festlegung einer Kernzeit (Zeit, in denen der Arbeitnehmer anwesend sein muss) nicht notwendig. Ob und wie die Kernzeit genau geregelt wird, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten und dem Wunsch der Arbeitnehmer ab.
Die tägliche Normalarbeitszeit darf nach neuer Rechtslage grundsätzlich zehn Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ist dann zulässig, wenn die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann und ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist. Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf innerhalb der Gleitzeitperiode die wöchentliche Normalarbeitszeit gemäß § 3 Arbeitszeitgesetz im Durchschnitt nur insoweit überschreiten, als Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben vorgesehen sind. Nach § 3 Arbeitszeitgesetz darf grundsätzlich die tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden und die wöchentliche Normalarbeitszeit von vierzig Stunden nicht überschritten werden, sofern nichts anderes bestimmt wird.
Dies bedeutet also, sollte man im Betrieb bzw. Unternehmen bei gleitender Arbeitszeit die tägliche Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden verlängern wollen, so hat die Gleitzeitvereinbarung neben den vier oben genannten Punkten noch zwei weitere Punkte zu beinhalten, nämlich dass
- das Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann und
- ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist.
Weitere sinnvolle Inhalte
Neben dem oben Erwähnten, empfiehlt es sich auch weitere Punkte zu regeln, wie bspw. das Inkrafttreten und allfällige Regelungen zur Dauer (z.B. Befristung, insbesondere zur Erprobung, mit oder ohne Selbstverlängerungsklausel) und eine Präambel, in der Hinweise auf den Zweck und das besondere Verantwortungsbewusstsein der gleitenden Arbeitszeit geregelt werden.
Zudem kann in einer Gleitzeitvereinbarung über gleitende Arbeitszeit ein sogenanntes Ampelkonto geregelt werden. In den Zeitkonten werden die Zeitguthaben und Zeitschulden der jeweiligen Arbeitnehmer verbucht. Damit es nicht zu übermäßigem Zeitguthaben oder aber auch übermäßigen Zeitschulden kommt, kann das freie Zeiteinteilungsrecht des Arbeitnehmers durch ein solches Ampelkonto eingeschränkt werden. Bei Erreichen eines festgelegten Ausmaßes von Zeitguthaben oder Zeitschulden ist ein weiterer Aufbau von Zeitguthaben oder Zeitschulden nicht mehr möglich.
Handhabung von Überstunden
Auch weiterhin werden Überstunden, die nicht in die nächste Gleitzeitperiode übertragen werden können, als Überstunden gezählt und sind grundsätzlich mit dem entsprechenden 50%igen Zuschlag auszubezahlen oder als Zeitausgleich zu gewähren.
Werden hingegen nach neuer Rechtslage Überstunden angeordnet, so zählen sie sogleich als Überstunden und es muss nicht das Ende der Gleitzeitperiode abgewartet werden. Sie müssen daher gleich als Überstunden mit den entsprechenden Zuschlägen abgerechnet oder als Zeitausgleich gewährt werden.
Tipps für die Praxis
Daher können in der Praxis unter anderem folgende Tipps gegeben bzw. Überlegung angestellt werden:
- Anführung des gesetzlichen Mindestinhalts nach AZG und bei Betriebsvereinbarungen auch Arbeitsverfassungsgesetz (z.B. Gleitzeitperiode, Gleitzeitrahmen, Dauer, Kündigungsmöglichkeiten, etc.) -> Schriftlichkeit!
- Soll auf den 12-Stunden-Tag ausgedehnt werden? Sollte bereits eine Gleitzeitvereinbarung existieren, muss diese entsprechend angepasst werden?
- Ist eine Kernzeit notwendig? Betriebliche Notwendigkeiten (z.B. Öffnungszeiten) und Arbeitnehmerwünsche beachten.
Autor: RA Mag. Lukas Disarò
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