In arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten rund um Kündigungen und Entlassungen stellt sich regelmäßig die Frage, inwieweit der Firmen E-Mail Account oder Firmen Laptop der betroffenen Arbeitnehmer zur Prüfung von Entlassungsgründen durchsucht werden darf und ob das dabei gewonnene Beweismaterial vor Gericht verwendet werden darf, selbst wenn die Beweise möglicherweise rechtswidrig erlangt wurden. Dieser Blogbeitrag befasst sich mit einer aktuellen höchstgerichtlichen Entscheidung zu dieser Frage.
Sachverhalt
In dem vom OGH kürzlich entschiedenen Fall 6 ObA 1/18t wurden von einem Arbeitnehmer diverse private Daten, darunter Fotos, private Korrespondenz und Verträge, Rechnungen, bis hin zu Kochrezepten, in einem eigenen als privat gekennzeichneten Ordner mit zahlreichen Unterordnern auf seinem Firmen-Laptop abgelegt. Im Zuge seiner Entlassung löschte der Arbeitnehmer den Ordner samt Unterordnern und gab den Laptop zurück. Der Arbeitgeber beauftragte ein Unternehmen mit einer forensischen Untersuchung des Laptops zum Nachweis des Vorliegens eines Entlassungsgrundes, nämlich einer unerlaubten Nebenbeschäftigung des Arbeitnehmers. Im Zuge der Untersuchung wurden auch gezielt private Dokumente durchsucht und konnte die Ordnerstruktur wiederhergestellt werden. Zudem wurde auch der Firmen E-Mail Account auf private Daten durchsucht und wurden mehrere private E-Mails und Honorarnoten des Arbeitnehmers gefunden, die auf die Nebenbeschäftigung schließen ließen. Diese wurden im arbeitsgerichtlichen Verfahren vom Arbeitgeber als Beweis vorgelegt. Der Arbeitnehmer brachte dagegen eine gesonderte Klage auf Unterlassung, Löschung der Daten und auf Widerruf ein und wollte damit erreichen, dass die vorgelegten Beweise im arbeitsgerichtlichen (Parallel-)Verfahren nicht verwendet werden dürfen.
Entscheidungen der Gerichte
Die erste und zweite Instanz wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab und vertraten die Ansicht, dass der Arbeitgeber rechtmäßig gehandelt habe. Die rechtliche Berechtigung des Arbeitgebers ergebe sich aus seinem Eigentumsrecht am Laptop und seinen Unternehmensdaten als auch aus dem abgeschlossenen Dienstvertrag, gegen den der Arbeitnehmer verstoßen habe. Auch die Verwendung der Daten als Beweismittel zur Durchsetzung seiner Rechtspositionen im arbeitsgerichtlichen Verfahren sei rechtmäßig gewesen.
Der OGH bestätigte diese Entscheidungen der Vorinstanzen in weiten Teilen. Der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber im Entlassungsprozess das Vorbringen widerruft, das auf eine (angebliche) Datenschutzverletzung zurückzuführen ist, und vorgelegte Beweise zurückzieht. Allerdings könne der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Löschung der aus der Auswertung des Laptops und des E-Mail Accounts gewonnenen personenbezogenen Daten begehren, weil sich mit der Vorlage bei Gericht der Zweck der Verwendung der Daten erfüllt habe. Eine weitere Aufbewahrung der Daten durch den Arbeitgeber sei daher nicht gerechtfertigt.
Abschließend wies der OGH darauf hin, dass die Beurteilung der Zulässigkeit von Prozesshandlungen allein dem angerufenen Gericht obliege. Die Ausführungen des OGH deuten darauf hin, dass im Entlassungsprozess (nochmals) geklärt werden muss, ob durch die Auswertung der privaten Daten und Vorlage der Beweismittel die Rechte des Arbeitnehmers verletzt wurden.
Einsicht in private Daten gerechtfertigt?
Der OGH ging – anders als die Vorinstanzen – nicht näher darauf ein, ob die Verarbeitung privater Daten des Arbeitnehmers im gegenständlichen Fall tatsächlich rechtmäßig war. Im Allgemeinen ist der Arbeitgeber nämlich nicht berechtigt, private Daten einzusehen, da kein sachlicher Zusammenhang mit der vertraglich geschuldeten Leistung und damit auch kein legitimes Kontrollinteresse besteht. Der Zugriff auf private Daten des Arbeitnehmers ist nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt, etwa bei begründetem Verdacht auf strafrechtswidriges Verhalten oder schweren Vertragsverletzungen.
Beweisverwertungsverbot?
Werden Beweismittel in unzulässiger Weise erhoben, beispielsweise durch eine unzulässige Einsicht in private E-Mails, stellt sich die Frage, ob solche Beweismittel in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden dürfen. Die Zivilprozessordnung geht vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung aus und enthält keine spezielle Regelung, wonach die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel untersagt wäre. Nur in Ausnahmefällen werden Beweismittel nicht zugelassen, etwa wenn bei der Erlangung der Beweismittel Kernbereiche verfassungsgesetzlich geschützter Rechte verletzt würden oder die Beweisergebnisse auf aus rechtsstaatlicher Sicht unerträgliche Weise zustande gekommen sind.
Autor: Mag. Georg Fellner LL. M., Rechtsanwalt bei Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte
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