Wie können Führungskräfte ihre Expert:innen bestmöglich bei Problemen unterstützen? Der Schlüssel liegt in der fragenden Gesprächsführung. 

Expert:innen kennen ihr eigenes Arbeitsfeld besser als alle anderen. Sie sind die Profis, die mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung Probleme lösen können. Doch auch sie stoßen hin und wieder an ihre Grenzen. In solchen Momenten wenden sie sich an ihre Führungskraft – in der Hoffnung, eine Lösung zu finden. Aber was tun, wenn die Führungskraft nicht die nötige Fachkenntnis hat? Schließlich ist es weder realistisch noch zielführend, dass eine Führungskraft in jedem Fachgebiet tiefgreifende Expertise besitzt. Außerdem möchten Führungskräfte, dass ihre Mitarbeitenden selbst Verantwortung übernehmen und ihre Probleme eigenständig lösen.  

 

Methode der fragenden Gesprächsführung

Wie also können Führungskräfte ihre Expert:innen sinnvoll unterstützen, ohne die Antwort auf alle Fragen zu kennen? Der Schlüssel liegt in der Methode der fragenden Gesprächsführung.  Die fragende Gesprächsführung ist eine Methode, bei der Führungskräfte gezielt offene Fragen einsetzen, um die Problemlösungskompetenz ihrer Mitarbeitenden zu aktivieren. Dabei geht es nicht darum, Lösungen vorzugeben oder die eigene Meinung einzubringen, sondern den Fokus darauf zu legen, dass die Expert:innen selbst neue Erkenntnisse gewinnen und eigenständig Lösungsansätze entwickeln.  

 

Die Methode beruht auf folgenden Prinzipien:  

1. Offene Fragen stellen: Offene Fragen beginnen meist mit „Wie“, „Was“, „Seit wann“ oder „Wer“ und ermöglichen ausführliche Antworten. Sie fördern Reflexionsfähigkeit und Kreativität. 

2. Keine geschlossenen Fragen: Geschlossene Fragen, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, engen den Denkprozess ein. Statt „Hast Du schon daran gedacht die Fristen zu verlängern?“ wäre es besser zu fragen: „Welche Auswirkungen haben die kurzen Fristen?“ 

3. Keine Suggestivfragen: Suggestivfragen lenken die Antwort in eine bestimmte Richtung und wirken manipulativ. Vermeiden Sie Fragen wie: „Glauben Sie nicht auch, dass die Temperatur das Problem ist?“  

4. Keine eigenen Meinungen oder Ratschläge einbringen: Die Führungskraft sollte neutral bleiben und darauf verzichten, eigene Hypothesen oder Einschätzungen mitzuteilen. Stattdessen liegt der Fokus darauf, den Denkprozess der Mitarbeitenden zu begleiten.  

 

Praxisbeispiel

Ein Lebensmitteltechniker steht vor einem Problem: Die Waffeln, die in einem großen industriellen Backofen produziert werden, sind an manchen Produktionstagen zu dunkel, obwohl die Einstellungen am Backofen immer gleich sind. Er wendet sich an seine Chefin – doch auch sie hat keine schnelle Lösung parat. Statt jedoch selbst eine Hypothese aufzustellen, setzt sie die fragende Gesprächsführung ein und stellt ihm Fragen wie diese:

  • „Seit wann tritt das Problem auf?“  
  • „Welche möglichen Ursachen hast Du schon überprüft?“
  •  „Welche Gründe hast Du bereits ausgeschlossen?“
  • „Welche Gründe könnten – auch wenn sie sehr unwahrscheinlich sind – in Frage kommen?“
  • „Mit wem hast Du schon über das Problem gesprochen?“
  • „Wer könnte noch bei der Lösung helfen?“

Durch diese gezielten, offenen Fragen begleitet die Chefin den Techniker, ohne selbst Lösungen vorzugeben. Er erkennt selbst, welche Informationen fehlen, wie er systematisch an die Problemlösung herangehen kann und wen er miteinbeziehen möchte. 

 

Fazit

Mit der fragenden Gesprächsführung können Führungskräfte ihre Expert:innen in die Selbstverantwortung bringen, ohne die Antworten auf alle Fragen parat haben zu müssen. Offene Fragen fördern nicht nur die Eigenständigkeit der Mitarbeitenden, sondern stärken auch deren Problemlösungsfähigkeiten und Selbstvertrauen.  

 

Autor: Mag. Alfred Faustenhammer

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