In letzter Zeit häufen sich Medienberichte über Schadenersatzforderungen von Unternehmen gegen ihre ehemaligen Führungskräfte. Das prominenteste Beispiel ist ein Gerichtsverfahren gegen ehemalige Manager eines in Österreich ansässigen Unternehmens. Vorwurf ist hier laut Medien, dass die beiden Führungskräfte keine ausreichenden Kontrollsysteme im Unternehmen implementiert hätten. Dadurch sei es zu Überweisungen an Betrüger gekommen, die bei einem ausreichenden Kontrollsystem nicht getätigt worden wären. Dies verdeutlicht, dass auch in Österreich Unternehmen immer sensibler auf durch eigene Mitarbeiter verursachte Schäden reagieren und rechtliche Schritte zur Schadenswiedergutmachung setzen. Dadurch kann es mitunter zu sehr hohen Schadenersatzzahlungen von (ehemaligen) Mitarbeitern kommen.

Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt. Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist. Prokuristen zählen grundsätzlich zum oberen Management und haben durch ihre Vollmacht weitreichende Befugnisse im Außenverhältnis. Ob ihre Handlungen daher im Innenverhältnis auch gedeckt sind, ist für außenstehende Dritte meist nur schwer einsehbar.

Für Prokuristen gilt daher: Vor Setzung einer Handlung müssen sie sich vergewissern, ob diese Handlung durch die ihnen erteilte Prokura und den Weisungen im Innenverhältnis auch gedeckt ist. Weiters haben Prokuristen zu beachten, wozu sie nach dem Arbeitsvertrag legitimiert sind. Denn auch dieser kann festlegen, was der Prokurist als Dienstnehmer tun darf und was nicht. Fehlt es an einer der Voraussetzungen, könnten sie rechtswidrig handeln und ihre Prokura überschreiten. Wird die Handlung nicht (nachträglich) genehmigt, könnte es dadurch zu einer Haftung des Prokuristen kommen.

 

Anwendung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes?

Handelt es sich beim Prokuristen um einen Dienstnehmer und kommt es tatsächlich zu einem Gerichtsverfahren, in dem Schadenersatzforderungen gegen ihn geltend gemacht werden, so ist unter anderem die Anwendbarkeit des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zu prüfen. Hat ein Dienstnehmer bei Erbringung seiner Dienstleistungen dem Dienstgeber durch ein Versehen einen Schaden zugefügt, so kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit den Ersatz mäßigen oder, sofern der Schaden durch einen minderen Grad des Versehens zugefügt worden ist, auch ganz erlassen. Der Prokurist als Dienstnehmer haftet für eine entschuldbare Fehlleistung gar nicht. Das Gericht prüft natürlich das Ausmaß des Verschuldens sehr genau, um beurteilen zu können, ob und wie es von seinem richterlichen Mäßigungsrecht Gebrauch machen muss.

 

Welche Präventivmaßnahmen kann man als Prokurist ergreifen?

Wie bereits erwähnt, muss der Prokurist sehr sorgfältig beachten, was er im Innen- und Außenverhältnis tun darf und was nicht. Daher muss er sich auch die Frage stellen, ob seine Handlungen bspw. von Weisungen, Generalversammlungsbeschlüssen und dem Arbeitsvertrag gedeckt sind.
Weitere zu empfehlende Maßnahmen können bspw. sein:

  • Regelmäßige Teilnahme an Schulungen: Hier werden z.B. aktuelle Urteile der Gerichte vorgetragen - dadurch ist besser ersichtlich, in welchen Fällen Prokuristen zu Haftungen herangezogen werden und in welchen Fällen nicht.
  • Dokumentation von Entscheidungen: Sollte es zu Schadenersatzansprüchen kommen, lässt sich nachvollziehen, auf welcher Grundlage der Prokurist welche Handlungen setzte.
  • Abschluss von D&O-Versicherungen
  • Ist sich der Prokurist nicht sicher, ob und wie er handeln muss/darf, empfiehlt es sich, Rücksprache mit der Geschäftsleitung oder bspw. der Rechtsabteilung zu halten. Getreu nach dem Motto: Better safe than sorry.

 

Autor: RA Mag. Lukas Disarò