Die Selbstanzeige hat in der Praxis große Bedeutung und stellt ein wichtiges Instrument zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit dar. Jedoch wirkt eine Selbstanzeige nur strafbefreiend, wenn sie rechtzeitig erstattet wurde.

In erster Linie hat die Selbstanzeige die Darlegung der Verfehlung zu enthalten. War mit dieser Verfehlung eine Verkürzung von Abgaben verbunden, sind zusätzlich die Bemessungsgrundlagen offenzulegen (Offenlegung der bedeutsamen Umstände) und tatsächlich zu entrichten (Schadensgutmachung). Sofern weitere Personen an dem Finanzvergehen beteiligt sind, sind diese in der Selbstanzeige zusätzlich zum Anzeiger als Täter zu nennen, da eine Selbstanzeige – abgesehen vom Anzeiger – nur für Personen, für die sie erstattet wird, wirkt (§ 29 Abs 5 FinStrG). Eine Selbstanzeige hat nur dann strafbefreiende Wirkung, wenn sie rechtzeitig erstattet wird und somit kein Sperrgrund verwirklicht wurde.

Einerseits werden dem/den Täter(n) durch die Selbstanzeige die Möglichkeit und der Anreiz gegeben, straffrei zurück in die Steuerehrlichkeit zu gelangen. Andererseits werden dadurch dem Staat bisher unbekannte Steuerquellen genannt und entsprechend zur weiteren Verarbeitung aufbereitet.

 

Darlegung der Verfehlung

Die Darlegung der Verfehlung ist eine Kernvoraussetzung für die Selbstanzeige, welche jedenfalls gegeben sein muss, um eine Strafaufhebung zu bewirken. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Selbstanzeige sind einerseits eine Verfehlung und somit das Bestehen eines Finanzvergehens und andererseits die Darlegung dieser durch denjenigen („seine Verfehlung“), der die Straffreiheit erlangen will.

 

Offenlegung der für die Festsetzung der Abgaben bedeutsamen Umstände

War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung/des Ausfalls bedeutsamen Umstände offengelegt werden. Darunter werden jedenfalls die jeweiligen Bemessungsgrundlagen verstanden. Bei Selbstberechnungsabgaben beinhaltet dies auch die Ermittlung der Abgaben bzw. die dazu nötigen Informationen (Stand 05.07.2023, Lexis Briefings in lexis360.at).

 

Schadensgutmachung 

Die Abgabenbeträge, die vom Anzeiger geschuldet werden oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, sind binnen einem Monat tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zu entrichten. Die strafbefreiende Wirkung tritt insoweit ein, als der Schaden gutgemacht wird. Die Monatsfrist beginnt bei Selbstberechnungsabgaben mit der (Erstattung der) Selbstanzeige zu laufen. Bei allen übrigen Fällen beginnt die Frist mit Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen. Die Monatsfrist kann durch Zahlungserleichterungen bis maximal zwei Jahre verlängert werden, weshalb die Abgabenbeträge jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt entrichtet werden müssen, um strafbefreiende Wirkung zu erzielen (§ 29 Abs 2 FinStrG).

 

Rechtzeitigkeit

Eine Selbstanzeige wirkt nur strafbefreiend, wenn sie rechtzeitig erstattet wurde. Das Finanzstrafgesetz normiert folgende Sperrgründe, bei deren Vorliegen die Selbstanzeige nicht mehr als „rechtzeitig“ zu qualifizieren ist:

  • Verfolgungshandlung gegen den Anzeiger, einen Beteiligten oder den Hehler
  • Tatentdeckung, die dem Täter bekannt ist
  • Selbstanzeige für vorsätzliche Finanzvergehen nach Beginn einer Prüfungsmaßnahme
  • Wenn bereits einmal für denselben Abgabenanspruch Selbstanzeige erstattet wurde

 

Sperrgrund: Verfolgungshandlung

Eine Verfolgungshandlung ist jede nach außen erkennbare Amtshandlung eines

  • Gerichts,
  • einer Staatsanwaltschaft,
  • einer Finanzstrafbehörde,
  • des Bundesfinanzgerichts oder eines
  • Organs iSd § 89 Abs 2 FinStrG,

unabhängig von deren Zuständigkeit.

Die Amtshandlung muss sich gegen eine bestimmte Person richten, die eines Finanzvergehens verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt ist.

Die von der Verfolgungshandlung und folglich auch von der Sperrwirkung erfasste Tat muss so weit individualisiert sein, dass eine Verwechslung mit einer anderen Tat nicht möglich ist.

Eine Verfolgungshandlung liegt nach § 14 Abs 3 FinStrG auch vor, wenn die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat. Ebenfalls unbedeutend ist, ob die Person, gegen die sich die Verfolgungshandlung richtet, Kenntnis davon hat.

 

Sperrgrund: „Tatentdeckung“

Eine Tat ist entdeckt, wenn im Zeitpunkt der Erstattung der Selbstanzeige die objektiven Tatbestandsmerkmale der Tat bereits ganz oder teilweise entdeckt wurden und dies dem Anzeiger bekannt ist. Die Entdeckung bzw. unmittelbar bevorstehende Entdeckung und das Wissen des Anzeigers über diese müssen kumulativ vorliegen. Zur Tatentdeckung reicht es aus, wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige zumindest der objektive Tatbestand teilweise entdeckt war; auf die Kenntnis der Identität des Täters kommt es nicht an (Stand 05.07.2023, Lexis Briefings in lexis360.at).

 

Sperrgrund: „Nach Beginn einer Betriebsprüfung“

Für ein vorsätzliches Finanzvergehen ist eine strafbefreiende Selbstanzeige dann nicht mehr möglich, wenn sie nicht bereits vor Beginn der finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung erstattet wurde. Entscheidend ist in diesem Fall, wann genau die abgabenrechtliche Prüfungsmaßnahme beginnt. Nach dem Ende der Überprüfung fällt die Sperrwirkung weg (Stand 05.07.2023, Lexis Briefings in lexis360.at).

 

Sperrgrund: Bereits erstattete Selbstanzeige für denselben Abgabenanspruch

Zur Erfüllung dieses Sperrgrundes muss eine Selbstanzeige vorliegen, die für denselben Abgabenanspruch erstattet wurde, für den eine weitere Selbstanzeige erstattet werden soll. Der Sperrgrund ist nicht anwendbar, wenn in einem der Fälle kein Finanzvergehen begangen wurde und somit nur eine bloße Berichtigung iSd § 139 BAO vorliegt. Mit Einführung dieses Sperrgrundes erfuhr die Abgrenzung zwischen Selbstanzeige und Berichtigung besondere Bedeutung.

 

Zuständigkeit

Eine Selbstanzeige ist nach § 29 Abs 1 S 2 FinStrG bei einem Finanzamt oder Zollamt zu erstatten (es ist nicht einmal erforderlich, dass es sich um das örtlich bzw. sachlich zuständige Finanzamt oder Zollamt handelt). Dies bedeutet, dass bei Selbstanzeigen nur zwischen Sachverhalten zu entscheiden ist, die in die Zuständigkeit des Finanzamtes oder Zollamtes (z.B. beim Schmuggel, aber auch bei Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr) fallen.

Nach § 254 FinStrG gilt § 29 FinStrG für das landesgesetzliche und kommunalsteuerliche Abgabenstrafrecht sinngemäß (bspw. Verkürzung von Kommunalsteuer). Legt man die Zuständigkeitsregeln sinngemäß auf landesgesetzliche und kommunalsteuerliche Fälle um, bedeutet dies, dass eine Einbringung bei der zuständigen Abgabenbehörde erforderlich ist. Dies ist bei landesgesetzlichen Abgaben die Landesregierung und bei der Kommunalsteuer die Gemeinde bzw. der Magistrat.

 

Abgabenerhöhung

Eine Abgabenerhöhung ist von den Abgabenbehörden festzusetzen

  • bei Selbstanzeigen für grob fahrlässige und vorsätzliche Finanzvergehen,
  • die anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen,
  • nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet werden.

Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Festsetzung der Abgabenerhöhung steht nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei Zutreffen der Voraussetzungen ist die Abgabenerhöhung von der Behörde zwingend zu verhängen.

Die Abgabenerhöhung beträgt – zunächst – 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge EUR 33.000,–, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge EUR 100.000,–, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge EUR 250.000,–, mit 30 % zu bemessen. Die Abgabenerhöhung ist auf Basis der Abgabenverkürzung in Form eines gestaffelten Zuschlags festzusetzen.

Die erstattete Selbstanzeige ist nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die mit dem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung iSd § 29 Abs 2 FinStrG entrichtet wird, strafbefreiend.

Die Abgabenerhöhung gilt laut Gesetz als Nebenanspruch iSd § 3 Abs 2 lit a BAO und teilt somit das Schicksal des Abgabenanspruchs. Aus diesem Grund ist nur ein einziger Erhöhungsbetrag für jede von Selbstanzeigen betroffene Abgabe und jeden Zeitraum festzusetzen und nicht für jeden Täter. Das Recht eine Abgabenerhöhung festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Abgabenanspruch.

 

Autorin: Mag. Andrea Futterknecht

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